Mit dieser Einstellung steh ich
bestimmt nicht alleine da. Viele haben sich schon gefragt, ob
Bielefeld nur ein Punkt auf der Landkarte ist, wo komplette Einöde
herrscht.
Das Bermuda-Dreieck Deutschlands! Die
Reise nach Bielefeld lässt mich voller Erwartungen hoffen, was ich
gleich zu Gesicht bekomme. Wie sehen dort die Menschen aus? Gibt es
dort überhaupt Menschen? Wohnen diese in normalen Häusern? Fragen
über Fragen sammeln sich in meinem Kopf. Die einstündige ICE-Fahrt
von Hannover nach Bielefeld gestaltet sich eher unspektakulär. Nein
ich möchte keinen Kaffee sondern meine Ruhe und nein neben mir ist
auch kein Sitzplatz frei.
Schließlich muss ich mich auf
Bielefeld vorbereiten und kann keine Ablenkung gebrauchen. 9:10 Uhr
Menschen stehen in hektischen Bewegungen auf und gehen Richtung Tür.
Mein Blick aus dem ICE-Fenster verrät mir jedoch, dass wir mitten in
der Pampa sind und nicht mal ein Bruchteil eines Gebäudes zu sehen
ist. Mich durchschießen sofort Gedanken wie: ist Bielefeld
eigentlich nur Feld, hält der ICE überhaupt an oder muss man bei
verminderter Fahrt den Zug verlassen? Minuten der Angst überkommen
mich, ist Bielefeld wie ein schwarzes Loch und lässt einen nicht
mehr heraus. Sollte ich mich noch schnell von Freunden auf Facebook
verabschieden und mein Testament kurz posten.
9:19 Uhr eine Stimme erklingt: „In
wenigen Minuten erreichen Sie Bielefeld Hauptbahnhof“. Die
angekündigten wenigen Minuten stellten sich als 30 Sekunden heraus.
Mit Mühe und Not schaffe ich es, meine Jacke anzuziehen und den
hereinströmenden Menschen auszuweichen, um meinen Fuß auf
Bielefelder Boden abzustellen.
Mein Blick wandert zu der
Bahnhofs-Anzeige, um mich noch einmal zu vergewissern, wo ich mich
gerade befinde. Und tatsächlich, ich bin in Bielefeld. In Trance
wandert mein Blick über die Gleise, sieht eigentlich alles ziemlich
normal aus, nur das arabische Hallenbad neben dem Bahnhof scheint ein
wenig deplatziert.
So weit so gut. Die Bielefelder
Innenstadt stellt sich als klein aber gut erreichbar dar. Die
Menschen die durch, die Straßen wandern sehen normal und nett aus.
Im Gespräch mit einem Bielefelder was dass tollste an der Stadt ist,
stellt man schnell heraus, dass Dr. Oetker auf Platz eins liegt.
Dieses internationale Unternehmen verschafft Bielefeld, den
vermissten Glamour.
Geht es um die Architektur so besteht
Bielefeld aus Plattenbauten der 70er Jahre, die ihre besten Tage
schon lange hinter sich haben. Den meisten Bielefeldern ist dieses
zwar bewusst aber darauf wird kein großer Wert gelegt.
Ein Bielefelder muss immer wieder
betonen das Bielefeld zu dem Kreis OWL gehört, dass macht es zwar
für einen Außenstehenden nicht besser aber anscheinend ist es für
einen Bielefelder weltbewegend.
Neben diesen Attributen ist Bielefeld
stolz auf ihre Sparrenburg, welche so hoch gelegen ist, dass man nach
dem Erklingen des Berges ein Sauerstoffzelt braucht. Und der
Teutoburger Wald der die Stadt in zwei teilt. Na Mensch so ein Wald
ist schon toll.
Jedoch muss man Bielefeld in vielen
Sachen loben. Der sogenannte Kaffee-Strich hat mir den besten Kakao
meines Lebens beschert und auch die kulinarische Seite Bielefelds ist
sehr lecker. Natürlich muss man Bielefeld auch ein paar
Geschmacksverirrungen zu gute kommen lassen. Der sogenannte Pickert
stellt auf dem ersten Blick eine Dschungelprüfung dar, jedoch ist
dieser sehr wohlschmeckend.
Das Bielefelder Nachtleben kann mit
Großstädten durchaus mithalten und das feierwütige Partyvolk kann
dazu vieles beitragen.
Nach insgesamt 24 Stunden verlasse ich
Bielefeld und kann schlussendlich sagen, ja es gibt Bielefeld und ja,
es lohnt sich auch, Bielefeld kennenzulernen. Denn das Highlight
überhaupt entdeckt man direkt am Bahnhof, der junge Herr der die
Durchsagen macht hat nicht nur eine außergewöhnliche prägnante
Stimme, sondern er sorgt auch dafür, dass man auch bei langen
Verspätungen ein Lächeln auf den Lippen hat.
Als ich Bielefeld verlassen will,
erklingt seine Stimme um mir mitzuteilen, das mein ICE wenige Minuten
später eintreffen wird, im Hintergrund ist ein jaulender Hund zu
hören. Nachdem der Standardsatz für allgemeine Verspätungen
erklungen ist, hört man den Hund weiterwinseln worauf der Schaffner
mit einem stöhnenden „Oh ja mach weiter“ reagiert. Der ganze
Bahnhof erbebt durch eine Welle des Lachens.
Bielefeld ist
skurril und ein Mythos und vielleicht auch ein Fall für X-Factor:
das Unfassbare aber es ist auch bodenständig sympathisch und lieber
außergewöhnlich als langweilig. Und langweilig ist Bielefeld
bestimmt nicht!
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