Dienstag, 13. März 2012

„Wir sind nicht das Bayern München der 3. Liga!“

Geschäftsführer Marcus Uhlig blickt im BIELEWELD-Gespräch in die Zukunft der Arminia
Zur Person: Marcus Uhlig, geboren am 22.02.1971 in Kamp- Lintfort. Als Gründer und Leiter der PR-Agentur medienbüro
24/7 war der studierte Jurist bereits als externer Dienstleister (u.a. das Stadionmagazin HALBVIER) für die Arminia tätig.
Im August 2009 übernahm Uhlig das Amt des Pressesprechers, im Mai 2011 das des Teammanagers beim DSC und                                                     seit September 2011 ist er der neue Geschäftsführer des Klubs.
Gerade einmal drei Jahre ist es her, da spielte der DSC Arminia Bielefeld in der heimischen SchücoArena noch gegen Mannschaften wie Bayern München oder Borussia Dortmund. Doch nach dem Abstieg aus der Bundesliga im Jahre 2009 durchlebte der ostwestfälische Traditionsklub schwierige Zeiten. Bereits in der zweiten Zweitliga-Saison folgte der bittere Gang in die Drittklassigkeit. Neben der sportlichen Talfahrt fand speziell die finanzielle Lage immer wieder ihren Weg in die Schlagzeilen. Nur äußerst knapp konnte die Insolvenz und das damit wohl gleichzeitig besiegelte Ende des Vereins verhindert werden. Nach hektischen Jahren, geprägt von Skandalen, personellen Umbrüchen und finanzieller Not, blickt man nun wieder positiv in Richtung Zukunft. Auch sportlich hat sich das Team, nach katastrophalem Saisonstart (bis zum 16. Spieltag stand man auf einem Abstiegsplatz), gefangen. Derzeit steht man in der 3. Liga auf einem gesicherten Mittelfeldplatz. Zudem erteilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) den Bielefeldern gerade erst die Lizenz bis zum Ende der laufenden Spielzeit. Wir sprachen mit dem neuen Geschäftsführer
Marcus Uhlig über die Ziele und Wünsche des DSC sowie seinen persönlichen Werdegang während der vergangenen Monate.

Arminia Bielefeld hat turbulente Zeiten hinter sich. Derzeit scheint der Verein aber zur Ruhe gefunden zu haben. Stimmt diese Beobachtung und wie sieht die aktuelle Situation konkret
aus – sowohl sportlich als auch finanziell?
Uhlig: Arminia Bielefeld hat in der Tat zur Ruhe gefunden, das stimmt. Ich denke, dass die Häufigkeit der negativen Schlagzeilen zunächst mal vorbei ist. Parallel dazu ist sicherlich eine Verbesserung der sportlichen Situation eingetreten. Nur diese Tatsache heißt ja nicht automatisch, dass wir alle Probleme beseitigt haben. Wir befinden uns nach wie vor in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. Doch ich glaube mit insgesamt mehr Frieden rund um den Verein lassen sich diese Probleme einfacher bearbeiten.

Welche konkreten Maßnahmen – gerade finanziell – sind da noch zu leisten?
Uhlig: (lacht) Ich glaube die alle aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Interviews deutlich sprengen. Wir
befinden uns mitten im absoluten Konsolidierungskurs. Da ist noch jede Menge zu erledigen. Zum Beispiel gilt es nach wie vor die Stadiongesellschaft, die wir gegründet haben, zu aktivieren und so auf den Weg zu bringen, dass sie funktioniert. 

Wo steht Arminia Bielefeld also im Jahre 2012?
Uhlig: Die Wahrnehmung vieler Menschen ist ja immer noch: Arminia Bielefeld der große Verein, da muss
doch Geld vorhanden sein oder locker gemacht werden können, um mal wieder anzugreifen. Doch diese Leute gehen von falschen Vorraussetzungen aus. Insbesondere die letzten zweieinhalb Jahre waren ein absoluter Tanz auf der Rasierklinge. Wir sind nicht das Bayern München der 3. Liga, ganz und gar nicht. Wir sind dem Tod in der jüngsten Vergangenheit mehrfach nur knapp von der Schippe gesprungen. Wir versuchen hier mit einem sehr kleinen Team den Verein einerseits wirtschaftlich zu festigen, ihm andererseits aber auch eine vernünftige, sportliche Perspektive zu geben. Das dauert aber. Es gibt nun mal kein Naturgesetz, nach dem wir in der neuen Saison automatisch Aufstiegsfavorit werden.

Als Außenstehender bekommt man auch den Eindruck, dass der Verein gewillt ist Dinge zu ändern, die lange schlecht gelaufen sind und in die Zukunft zu schauen.
Uhlig: Aber das ist nicht so einfach, weil da natürlich auch unterschiedlichen Interessen zu beachten sind. Bei
Arminia Bielefeld wird sich aber auch in der nahen Zukunft noch mal einiges ändern. Wir müssen uns insgesamt neu aufstellen. Die nächsten Jahre werden ganz harte Arbeit. Und die schaffen wir auch nicht alleine. Wenn die Region möchte, dass Arminia wieder das Aushängeschild wird, dann brauchen wir
die Unterstützung von allen. Nur so hat Arminia eine Chance zu überleben.



Was muss demnach passieren?
Uhlig: Wir müssen aufhören immer wieder negativ zurückzuschauen und anzuführen, was alles schlecht gelaufen ist. Das mache ich auch nicht. Ich finde, an manchen Stellen muss einfach ein Schlussstrich gezogen und nach vorne geschaut werden. Aber noch mal, es reicht nicht, wenn nur wir alleine das tun. Da müssen alle mithelfen! 

Nun zum Sportlichen. Wo soll es mit dem DSC in der nahen Zukunft aber auch längerfristig hingehen? Was sind realistische Ziele?
Uhlig: Ich glaube, viele haben nach der sportlichen Wiederauferstehung in dieser Saison schon wieder
angefangen vom direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga zu träumen. Die jüngsten Ergebnisse haben da aber sicherlich einige wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das wäre sicherlich auch
ein sehr, sehr, sehr, sehr, sehr ambitioniertes Ziel. Wir sollten insgesamt bei Arminia Bielefeld einfach aufhören zu träumen. Realistisch ist, dass wir diese Saison mit einem Mittelfeldplatz abschließen.
Für die kommende Saison gilt es, das Kunststück hinzukriegen, sowohl weitere Einsparpotenziale zu generieren, als auch unser Herzstück - die Profimannschaft – so aufzustellen, dass sie wieder einen kleinen Schritt nach vorne machen kann. Wir werden für das kommende Jahr sicher nicht den Aufstieg als Ziel ausgeben. Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich vermessen. Andererseits muss es für den DSC ein mittelfristiges Ziel sein wieder in die 2. Liga zurückzukehren.

Wie sehen denn die Planungen für die kommende Saison aus? Gibt es schon eine Tendenz, ob die Leistungsträger gehalten werden können oder Verstärkungen in Aussicht sind?
Uhlig: Welche Schrauben wir für die neue Spielzeit drehen, kann man jetzt noch nicht sagen. Dafür ist es noch zu früh. Fakt ist, dass das Gerüst der Mannschaft steht und diese Spieler auch alle Verträge über die Saison hinaus besitzen. Wir versuchen, wie schon eben gesagt, die Mannschaft stückweise zu verbessern.

Der Trainerwechsel zum Ende des vergangenen Jahres brachte die sportliche Wende. Wie groß ist der tatsächliche Anteil vom neuen Coach Stefan Krämer am Aufschwung? Was hat er geändert bzw. was lief vorher vielleicht auch falsch?
Uhlig: Puuh, eine schwierige Frage. Stefan Krämer hat es einfach mit seiner Art geschafft. Er trifft den richtigen Ton und erreicht damit die Jungs. Stefan ist ein absoluter Vollbluttrainer, der an die ganze Geschichte unvoreingenommen und unverkrampft rangeht. Natürlich mit dem nötigen Ernst aber
eben auch mit der richtigen Portion Lockerheit. Was aber nicht heißen soll, dass sein Vorgänger Markus von
Ahlen ein schlechter Trainer ist. Da kam zu Beginn der Spielzeit sicherlich auch viel Negatives zusammen. Wir mussten im Prinzip eine komplett neue Mannschaft zusammenstellen. So was braucht eben seine Zeit.
Man kann zudem wahrlich nicht behaupten, Markus hätte Glück im Hinblick auf Verletzungen und Sperren von Leistungsträgern gehabt. Wir hatten in einigen Spielen, so banal sich das anhören mag, einfach Pech. So kam eben eins zum anderen. Der Mannschaft fehlte einfach mal ein Befreiungsschlag.


Doch dieser blieb aus. Stattdessen folgte am 17. September die 0:4-Heimniederlage gegen Saarbrücken
Uhlig: Ja, nach dem Saarbrücken-Spiel beschlossen wir, dass sich etwas verändern muss und haben uns dann schweren Herzens von Markus getrennt.

Was brachte anschließend den Umschwung?
Uhlig: Es kam sicherlich begünstigend hinzu, dass wir dank einiger Spielabsagen und eines spielfreien Wochenendes mehr Zeit bis zur nächsten Partie besaßen. Dadurch konnte sich die Mannschaft mit der neuen Konstellation natürlich gezielter einspielen. Dann folgte das ominöse Spiel in Offenbach. Da hat Stefan Krämer es in der Tat geschafft, die Mannschaft optimal einzustellen und vorzubereiten. So haben wir nicht nur 90 Minuten lang den Gegner dominiert, sondern uns endlich mal für die Mühen belohnt (Anm. d. Red. Arminia gewann mit 1:0, durch ein Tor von Marc Rzatkowski in der 82. Minute). Es folgte das, was im Fußball so oft passiert. Die Truppe hatte endlich mal ihr Erfolgserlebnis und spielte ab da befreit auf.

Kommen wir zu deiner Person. Du bist jetzt seit September 2011 Geschäftsführer. Wie ist es zu dieser – zumindest für Außenstehende – doch recht ungewöhnlichen Personalentscheidung
(vom Pressesprecher zum Geschäftsführer) gekommen?

Uhlig: Wenn ich das mal wüsste!? (lacht). Gut, die Situation im August 2011 war die, dass sich der Verein vom damaligen Geschäftsführer Ralf Schnitzmeier aus den bekannten Gründen getrennt hat. (Anm. d. Red. Gegen Schnitzmeier wurde Strafbefehl wegen Körperverletzung und Beleidigung während eines privaten Bordellbesuchs erlassen). Da ging es uns allen erstmal darum, die operative Handlungsfähigkeit nicht zu verlieren bzw. wieder herzustellen. Schließlich bin ich gefragt worden, ob ich mir das - zunächst übergangsweise - vorstellen könnte und habe natürlich zugesagt. Ich bin ja nun schon lange dabei und habe mitbekommen, wie es hinter den Kulissen und im administrativen Bereich zugeht.Daher habe ich mir diese Aufgabe zugetraut.

Also gab es keine großen Eingewöhnungsschwierigkeiten im neuen Job?
Uhlig: Durch die neue Gremienkonstellation, sprich dem neuen Vorstand, Aufsichts- und Wirtschaftsrat
hatte und habe ich das Gefühl, dass endlich alle Gremien ausschließlich zum Wohle des Vereins,leidenschaftlich in eine Richtung arbeiten. Dadurch fühle ich mich natürlich auch ein Stück
weit sicherer. Die tägliche Arbeit bestätigt das. Wir haben da ein echt gutes Team, welches den Verein jetzt leitet. Speziell mit dem neuen Präsidium funktioniert die Zusammenarbeit ausgezeichnet. Wir hatten hier ja auch ganz andere Zeiten. Stichwort: Maulwurfaffäre. Als irgendwelche Gremiensitzungen
noch nicht ganz zu Ende waren und die ersten Inhalte bereits im Internet standen. Diese Zeiten sind Gott sei
Dank vorbei. Man sollte aber weniger darauf anspielen, welche Posten ich vorher innehatte. Klar liest sich das erst einmal ungewöhnlich. Aber durch die Tätigkeiten als Pressesprecher und Teammanager hatte ich bereits vorher einen guten Einblick in den sportlichen und administrativen Bereich.

Das klingt danach, dass du jetzt doch Geschäftsführer bleibst. Oder ist man weiterhin auf der Suche nach einem Nachfolger?
Uhlig: Nein, derzeit wird kein neuer Geschäftsführer gesucht. Ich mache die Sache jetzt seit einem halben Jahr, von daher glaube ich, kann man die Vokabel „interim“ streichen. Den Bereich Teammanagement haben wir jetzt anders organisiert, so dass ich mich wirklich schwerpunktmäßig auf das Thema „Geschäftsführung“ und ein Stück weit noch auf die Pressearbeit konzentrieren kann.
Du bist also nebenbei weiterhin noch Pressesprecher? 
Uhlig: Ich bin nach wie vor verantwortlich für den Bereich Medien und Kommunikation. Mit unserem Volontär Tim Placke haben wir da aber eine praktische Lösung gefunden. Er kümmert sich jetzt um die vielen organisatorischen Dinge im Alltag.

Wie hat sich der neue Posten auf deine Arbeit ausgewirkt? Gehen Journalisten und Spieler nun anders mit dir um?
Uhlig: Eigentlich habe ich immer ein sehr kollegiales und mehr als gutes Verhältnis sowohl intern zu unseren Spielern, als auch extern zu den Journalisten gepflegt. Dass es durch die neue Jobkonstellation nicht immer einfach sein wird, dies beizubehalten, liegt natürlich auf der Hand. Aber ich bemühe mich und würde es mir auch wünschen, wenn dieses gute Miteinander nicht verloren ginge. Und ich glaube, dass muss es auch gar nicht. Vielleicht gab es den einen oder anderen Vorgänger von mir, der nicht immer das beste Verhältnis zu
den Medien hatte. Ich kann mir bisher jedenfalls nicht erklären, warum man sich als Geschäftsführer nicht auch mit den Journalisten gut stellen kann.
yb

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